Martin Hoechstaedter

Martin Höchstädter (1883 - 1973)

Erfinder des H-Kabels

Höchstädter war ein international bekannter Kabelfachmann, der 1910 als erster Messungen über die dielektrischen Verluste in Abhängigkeit verschiedener Parameter veröffentlichte; seit 1928 ist eine ganze Klasse von Energiekabeln nach ihm benannt. Diese H-Kabel besitzen eine metallisierte Abschirmung auf der Isolierung, womit eine radiale Ausrichtung des elektrischen Feldes bewirkt wird. Somit wird die Isolierung wesentlich geringer beansprucht als bei normalen Dreileiterkabeln ohne Abschirmung, d.h. man kann eine höhere Betriebsspannung zulassen und damit die übertragene Leistung eines Kabels erhöhen. Fabrikationstechnisch wird als letzte Lage einer jeden Aderbewicklung metallisiertes, perforiertes Papier aufgebracht: Dieses H-Papier "verlötet" - wie Höchstädter den Vorgang nannte - Isolierung und Randschicht.

Höchstädter (1883 - 1873) stammte aus Mönchsdeggingen im Ries und die Mutter Emma (1861 geborene Wormser) aus Bad Cannstatt. Von 1902 bis 1906 studierte er an der Technischen Hochschule Stuttgart Maschinenbau und Elektrotechnik. Seine überdurchschnittlichen Leistungen wurden durch Erlass von Studiengebühren, Preise bei den jährlichen Preisbewerbungen und schließlich durch eine bezahlte Anstellung als Assistent für Elektrotechnik von 1906 bis 1907 bei Professor Wilhelm Dietrich (1852 - 1930) anerkannt. Nach verschiedenen Anstellungen wechselte er 1909 zum Siemens-Schuckert-Kabelwerk Berlin.

Bauarten von Dreileiter-Kabeln für Drehstrom. Bauarten von links nach rechts: Gürtelkabel, Höchstädterkabel, Dreimantelkabel. Erste Reihe: Querschnitte durch die Kabel, zweite Reihe: Das elektrische Feld innerhalb der Kabel. Das elektrische Feld wird durch Äquipotential- und durch Feldlinien dargestellt: Äquipotentiallinien umgeben jede Ader.
Bauarten von Dreileiter-Kabeln für Drehstrom. Bauarten von links nach rechts: Gürtelkabel, Höchstädterkabel, Dreimantelkabel. Erste Reihe: Querschnitte durch die Kabel, zweite Reihe: Das elektrische Feld innerhalb der Kabel. Das elektrische Feld wird durch Äquipotential- und durch Feldlinien dargestellt: Äquipotentiallinien umgeben jede Ader.
H-Papier. Hersteller: Kämmerer Gmbh, Osnabrück. Man erkennt die gestanzten Löcher durch das mit Aluminium (Außenseite) kaschierte Kabelpapier.
H-Papier. Hersteller: Kämmerer Gmbh, Osnabrück. Man erkennt die gestanzten Löcher durch das mit Aluminium (Außenseite) kaschierte Kabelpapier.

In dieser Zeit unmittelbar vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs machte er eine Studienreise nach USA und arbeitete von da ab als selbständiger Ingenieur, blieb aber über einen Lizenzvertrag mit SSW verbunden. Das entscheidende Patent über glimmfreie Hochspannungskabel meldete er 1913 zuerst in den USA (US-P 1,199,789)und dann in Deutschland an (DRP 288 446). Die Fabrikation begann aber erst 1920 in den USA bzw. 1923 in Europa. Ende 1930 waren bereits 600 km H-Kabel für 50 kV und darüber in Betrieb.

Einen weiteren Schritt zur Erhöhung der übertragenen Leistung tat Höchstädter ab 1926 mit der Erfindung des Druckkabels, um die bei Belastungsschwankungen entstehenden Hohlräume in der Isolierung zu verhindern, in denen unter dem Einfluss des elektrischen Feldes Glimmentladungen stattfinden würden. Diese erhöhen nicht nur die Übertragungsverluste, sondern verkürzen auch die Betriebsdauer des Kabels. Die erste Strecke für 66 kV wurde 1931 im Osten Londons verlegt.

Eine dritte herausragende Leistung Höchstädters bestand 1921 in der Erfindung eines wirksamen Kabelschutzes, der im Fehlerfall ein selektives Abschalten der Strecke bewirkte und von der Fa. Siemens erstmals in Oslo eingebaut wurde.

Höchstädter hatte ab 1921 sein Büro in Den Haag, ab 1925 in Brüssel; er erkannte wohl rechtzeitig die heraufziehende nationalsozialistische Diktatur und erwarb am 2. Mai 1933 die Staatsbürgerschaft in Liechtenstein. Mit seiner Familie lebte er ab 1940 in Kalifornien, ab 1948 in Tanger/Marokko und ab 1964 in Pully am Genfer See, wo er am 12. Juni 1973 starb.

Herausragend ist die Zahl seiner Patente: 46 deutsche, 26 englische, 15 US-amerikanische, 27 französische, 15 schweizerische, 14 niederländische und 24 belgische Patente sind nachweisbar. 1931 wurde er durch die Royal Society of Arts London mit einer Silbermedaille ausgezeichnet.

Dr.-Ing. habil. Friedrich Heilbronner, München

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  • Alle Bilder: Friedrich Heilbronner, München
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